Die Schweiz hilft beim Überwachen – Kritik am Export von Spähtechnologie

Erschienen in der SonntagsZeitung vom 12. Januar 2014

Von Florian Imbach

Mehrere deutsche Unternehmen, die Internet-Überwachungssysteme herstellen und verkaufen, unterhalten Niederlassungen in der Schweiz. Im Gegensatz zu Deutschland dürfen sie solche Produkte hierzulande ohne Bewilligung ins Ausland liefern. Was Firmen tatsächlich aus der Schweiz exportieren, ist nicht bekannt. Im Gegensatz zu Deutschland unterstehen sie keiner Meldepflicht.

Dies führt nun zu Kritik aus der Schweiz und dem Ausland. Die Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses im Europäischen Parlament, Barbara Lochbihler, sagt, auch die Schweiz solle solche Exporte überprüfen. «In der Aufstandsbekämpfung weltweit, aber gerade in der arabischen Welt, spielt Überwachungstechnologie eine wichtige Rolle.» Das Ziel der EU-Abgeordneten sind strengere Exportrichtlinien in ganz Europa, bei denen «hoffentlich auch die Schweiz mitmacht».Nationalrat Balthasar Glättli (Grüne) drängt darauf, die Lücke rasch zu schliessen: «Die Schweiz darf sich nicht für Umgehungsgeschäfte missbrauchen lassen.»

Seco will den Export unter die Bewilligungspflicht stellen

Eine dieser Firmen ist die Münchner Elaman mit Niederlassung im Thurgau. Ein interner Verkaufsprospekt zeigt, dass Elaman Systeme anbietet für den «Zugriff auf Telekommunikationsnetzwerke», um «Kommunikationsinhalte abzugreifen und auszuwerten». Produkte also, die systematisch den Internetverkehr überwachen. Aus Wikileaks-Dokumenten geht hervor, dass ein Vorstandsmitglied der Schweizer Niederlassung in den letzten beiden Jahren mehrmals aus der Schweiz nach Turkmenistan, in den Oman und in die Vereinigten Arabischen Emirate reiste – drei Länder mit bedenklichem Menschenrechtsausweis.

Nun will das zuständige Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) handeln und den Export von Internet-Überwachungssystemen unter die Bewilligungspflicht stellen. Dies bestätigt Jürgen Böhler, Leiter der Exportkontrolle des Seco. Im Dezember haben die 41 Länder der «Wassenaar»-Vereinbarung, darunter auch die Schweiz, beschlossen, den Export solcher Systeme zu kontrollieren. Böhler sagt, dass die Schweiz die neuen Kontrollparameter «so rasch als möglich» übernehmen werde. Nach Übernahme müssten dann «Exporteure solcher Güter das Seco vorgängig um eine Bewilligung anfragen».

Doch auch wenn der Export künftig bewilligungspflichtig wird, müsste das Seco den Firmen in den meisten Fällen eine Bewilligung erteilen. Die Güterkontrollverordnung verbietet lediglich den Export in Staaten, die «die regionale oder globale Sicherheit gefährden». Glättli fordert darum ein zusätzliches Kriterium, eine Garantie dieser Länder, dass die Technologie rechtsstaatlich verhältnismässig und im Einklang mit den Grundrechten eingesetzt werde. «Die Schweiz soll sich für Menschenrechte einsetzen, statt Unrechtsregimes bei der Überwachung zu unterstützen.»